Von Thusis ins Val Avers
Ausgangspunkt
Thusis, Parkplatz Marktwiese.
Tourdaten
- Weglänge: 103 km
- Höhendifferenz: ↑↓ 2370 Hm
Routenbeschreibung
Ich hatte kürzlich auf meiner Fahrt ins entlegene Valle di Lei schon Bekanntschaft mit dem Val Ferrera hinter Andeer gemacht. Als ich zum Valle di Lei abgebogen bin, führte die Strasse viele Kilometer durchs Tal weiter ins noch entlegenere Val Avers hinauf. Dort befindet sich eine Reihe von alten Walsersiedlungen, die allesamt die Gemeinde Avers bilden. Die letzte dieser Siedlungen ist Juf auf 2126m Höhe, bekannt als die höchste ganzjährig bewohnte Ortschaft der Schweiz und eine der höchstgelegenen in Europa überhaupt.
Ich wollte heute dieses Tal erkunden und bis nach Juf gelangen. Falls die Zeit danach noch reichen würde, wollte ich zusätzlich noch einen Abstecher ins lange Seitental von Val Madris unternehmen, das bei den Häusern von Campsut und etwas hinter dem Aufstieg zum Valle di Lei ebenfalls von der Hauptstrasse abzweigt. Das Val Madris ist das Nachbartal vom Valle di Lei auf Schweizer Boden. Laut Karte müsste sich dort ebenfalls ein – wenngleich auch kleinerer – Stausee befinden, der über einen unterirdischen Verbindungsstollen mit dem Stausee im Valle di Lei verbunden ist und dessen aus dem anderen Stollenende ins Valle di Lei abfliessende Wassermassen ich bei meinem letzten Ausflug bestaunen konnte.
Fahrt nach Avers/Juf
Während ich das letzte Mal von Zillis aus gestartet war, entschloss ich mich heute wieder einmal zur Abfahrt ab Thusis, um den Aufstieg von Thusis nach Zillis durch die Viamala-Schlucht nicht ganz zu verlernen. Die alte Strasse ab Thusis war im Gegensatz zum letzten Besuch von Felsbrocken und Hindernissen freigeräumt, die zusätzliche Fahrzeit mit dem Bike hielt sich mit etwas über einer halben Stunde im Rahmen und so fuhr ich bald am vollbesetzten Parkplatz von Zillis vorbei – die Eingebung war doch richtig. Weiter ging es auf der üblichen Route in Richtung Bärenburg und Roflaschlucht, wo ich wie beim letzten Mal ins Val Ferrera abbog. Auch diesmal war die lange Strasse über Ausser- und Innerferrera verkehrsarm und landschaftlich zum Fahren ein wahrer Genuss. Bald kam ich dann bei der Abzweigung ins Valle di Lei an und fuhr diesmal geradeaus weiter zum kleinen Dorf Campsut.
Hinter dem Dorf wartete dann ein kurzer, aber heftiger Anstieg auf mich. Dies war insofern ungünstig, als ich oben angekommen feststellte, dass ich meine Kamerahülle nach dem letzten Fotostopp vor Campsut offenbar verloren hatte. So durfte ich rund einen halben Kilometer zurückfahren (die Hülle konnte ich zum Glück auf Anhieb am Strassenrand erspähen) und die Durchfahrt durch Campsut mitsamt dem Anstieg nochmals wiederholen.
Danach fuhr ich weiter durchs idyllische Tal, immer dem rauschenden Averser Rhein entlang, bis zu den Häusern von Cröt. Hier teilte sich die Strasse: links ging es in Kurven steil hinauf nach Avers, rechts zweigte hingegen der Weg ins Val Madris ab. Auf zwei Brücken oberhalb von Cröt bekam man einen beeindruckenden Einblick in die tiefen Abgründe der Schlucht, die der Averser Rhein auf seinem Lauf zwischen senkrechten Felswänden geschaffen hat. Nach der zweiten Brücke wechselte die Strasse dann endgültig auf die Nordseite vom Fluss und ich erreichte bald in stetigem Anstieg die Häuser von Cresta, der ersten und offenbar grösste Ortschaft von mehreren folgenden im Tal, die alle zur Gemeinde Avers gehören.
Hinter Cresta öffnete sich das Tal weiter. Es folgten in gleichmässigen Abständen die kleinen Weiler Pürt, Am Bach, Loretzhaus, Podestatenhaus und schlussendlich Juf. In Juf befand sich auch die Endstation vom Postauto und ein rege besuchtes Restaurant.
Nach Juf führte ein holpriger Karrenweg noch weiter ins Tal der Juferalp hinein. Ich fuhr von Juf aus noch etwas mehr als zwei Kilometer bis zu einer einsamen Holzhütte, wo ich dann Pause machte. Etwas vorher kam ich schon an einer Abzweigung vom Wanderweg nach Fuorcla da la Valletta, Forcellina und zum Septimerpass vorbei. Dies erinnerte mich an einer Wanderung, die wir vor fünf Jahren schon einmal hier von Bivio her kommend unternommen hatten, damals noch mit Blick auf Juf aus entgegengesetzter Richtung von oben.
Danach fuhr ich auf gleichem Weg wieder zurück nach Juf und aus dem ganzen Tal heraus. Bergab ging dies ziemlich schnell und so stand ich bald schon wieder bei der Verzweigung in Cröt, wo die Zufahrt ins Val Madris begann. Fast 400 Höhenmeter und 8 km waren ab hier noch zu bewältigen; zeitlich sah es aber gut aus und so machte ich mich auf den Weg zum zweiten Etappenziel in diesem Seitental.
Abstecher zum Stausee im Val Madris
Das Tal war wunderschön, die Fahrt zog sich allerdings mit zahlreichen Zwischensteigungen und -abfahrten ziemlich anstrengend dahin. Ich kam an mehreren Höfen und teils mühsam zu öffnenden Viehgattern vorbei, bis bei der Alp Bles nochmals ein kräftiger Anstieg auf mich wartete. Oben angekommen, wurde der Blick frei auf den malerischen kleinen Stausee von Preda. Er war viel kleiner als sein grosser Nachbar jenseits der Bergketten im Valle di Lei im Westen, aber genauso von beeindruckenden hohen Gipfeln umgeben.
Gemäss der Karte hätte sich der Weg von hier noch etwa zwei Kilometer bis zu einer Hütte bei Sovräna im Talschluss weiter hingezogen. Beim südlichen Ende floss der breite Wasserstrom des Agua da Madris allerdings ziemlich rauschend in den See hinein und überflutete schon den noch sichtbaren Teil vom Weiterweg schon beunruhigend tief. Der verbleibende Teil vom Talboden weiter südlich war auf der Karte zudem als Sumpfebene eingezeichnet. Ich vermutete daher, dass es weiter hinten nicht besser aussehen würde und beschloss daher, die wahrscheinlich letzte Möglichkeit zur Umkehr mit noch trockenen Füssen hier beim See zu nutzen.
Fahrt zurück nach Thusis mit neuer Variante
Auch hier war die Rückfahrt aus dem Val Madris wieder sehr langgezogen und genussvoll und ich erreichte in gefühlter Windeseile wieder die Häuser von Cröt. Von nun an ging es auf der bekannten Hauptstrasse in einer sehr langen durchgehenden Abfahrt einmal mehr zurück zur Roflaschlucht und in die Zivilisation bei Andeer. Beim letzten Ausflug hatte ich allerdings entdeckt, dass man einen der Autotunnel auf dem Weg auf einem Saumpfad umfahren konnte. Diese Variante probierte ich auf der Abfahrt aus und kam auf einem sehr reizvollen Pfad am Abgrund über dem Averser Rhein entlang an einem tosenden Wasserfall vorbei wieder zur Hauptstrasse auf der anderen Seite des Tunnels – ein absolut lohnender kleiner Umweg.
Von Andeers fuhr ich schon fast wie gewohnt nach Zillis und weiter durch die Viamala-Schlucht zurück nach Thusis. Die Abgeschiedenheit der Landschaft hinten bei Avers lässt sich wohl am besten dadurch verdeutlichen, dass am Ende etwas mehr als 100 Kilometer und über 2300 Höhenmeter zusammenkamen. Jeder Meter davon hat sich aus meiner Sicht aber voll gelohnt.