Albulapass und Flüelapass
Ausgangspunkt
Schmitten im Albulatal.
Tourdaten
- Weglänge: 98 km
- Höhendifferenz: ↑ 2750 Hm ↓ 2450 Hm
Routenbeschreibung
Die kombinierte Tour über Albulapass und Flüelapass gehört zum Standardrepertoire vieler Rennradfahrer und ist auch eine Streckenvariante beim diesjährigen Engadiner Radmarathon. Die einzelnen Abschnitte der Tour hatte ich alle zwar schon mindestens einmal befahren – den Albulapass z.B. hier, den Flüelapass hier und das Zwischenstück durchs Unterengadin hier – alles zusammen am Stück hatte ich bisher allerdings nie versucht. Dies wollte ich heute nachholen und damit gleichzeitig auch den Flüelapass erstmals aus der Richtung von Susch nach Davos angehen. Auch würde ich die Strecke von La Punt durchs Engadin nach Susch flussabwärts statt wie beim letzten Mal in der Gegenrichtung fahren.
Über den Albulapass nach La Punt
Von Alvaneu fuhr ich wie üblich auf der Nebenstrasse hinunter nach Alvaneu Bad, am Golfplatz und dem Parkplatz beim Landwasserviadukt vorbei nach Filisur. Dort begann der zunehmend anstrengende, gleichzeitig mit der Höhe landschaftlich aber immer reizvollere Anstieg nach Bergün, Preda und am Lai da Palpuogna vorbei zum Albulapass. Ich hatte schon vor einiger Zeit damit angefangen, mein Gravelbike in ein zunehmend rennradähnliches Zwischending zu verwandeln – insbesondere die Installation von Schwalbe G-One Racing RS Semi-Slicks und die drastische Erhöhung des Luftdrucks von 2.3 auf fast 3 bar bewirkten schon Wunder in Bezug auf den Rollwiderstand – und so stellte ich beim Überholen von insgesamt 8 Rennradfahrern zwischen Filisur und der Passhöhe befriedigt fest, dass diese ersten Umbaumassnahmen offenbar Wirkung zeigten.
Von La Punt nach Zernez und Susch
Die Abfahrt vom Albulapass nach La Punt, dem ersten Ort im Tal im Unterengadin, war sehr kurzweilig und schön. In La Punt fuhr ich über die Kreuzung und bog in den Inntal-Radweg ein, der über Zernez nach Österreich führt. Das erste Stück vom Radweg ist noch asphaltiert und wird auch von Rennradfahrern benutzt (diese mussten heute bei einer Baustelle allerdings absteigen und schieben), beim nächsten Ort Madulain teilen sich dann aber die Wege und der Radweg mündet für die einen wieder in die Durchgangsstrasse durchs Engadin ein, während für die geländegängigen Fahrer eine herrliche Abfolge von Feld- und Waldwegen bevorstand, die in stetem Auf und Ab auf der östlichen Talseite des Inn nach Norden führte. Diesen Streckenteil hatte ich vom letzten Mal in der Gegenrichtung als sehr anstrengend in Erinnerung, was damals einerseits am Gegenwind lag, hauptsächlich wohl aber an der Fahrtrichtung flussaufwärts. Heute gab es hingegen ebenfalls mehrere kurze, teils knackige Anstiege zu bewältigen, flussabwärts waren die Abfahrtsstrecken aber spürbar länger.
So erreichte ich Zernez relativ entspannt. Dies war auch dringend nötig, da ich mich auf dem Albulapass schon etwas mehr als geplant verausgabt hatte und mir schliesslich heute noch der nicht zu unterschätzende Aufstieg zum Flüelapass bevorstand. In Zernez waren die Vorbereitungen und der Festzeltaufbau für den am Wochenende stattfindenden Engadiner Radmarathon bereits in vollem Gange. Ich hatte mir im Vorfeld noch kurz überlegt, ob ich mich für den Anlass anmelden und die "kurze" Eventstrecke von Zernez über den Ofenpass fahren sollte. Da die einzige kurzfristig noch verfügbare Übernachtungsmöglichkeit allerdings über 500 Franken kostete – der Preis eines neuen Bikecomputers – hatte ich dann allerdings schnell wieder davon abgesehen. Das Dilemma bei solchen Anlässen sehe ich persönlich darin, dass man einerseits bei einer Entscheidung in letzter Minute finanziell leiden muss, bei einer frühzeitigen Anmeldung hingegen den unvorhersehbaren Unwägbarkeiten des Wetters am Wettkampftag ausgesetzt ist. Und überhaupt ist der frühe Startzeitpunkt bei diesen Langstrecken (wir reden hier von 7 Uhr morgens) für mich als Nachteule eine fast unzumutbare Herausforderung.
Über den Flüelapass nach Davos
Von Zernez fuhr ich dann noch einige Kilometer weiter nach Susch. Dies war der Ausgangspunkt für den Aufstieg zum Flüelapass. Im Dorfzentrum fand ich zum Glück ohne Umschweife einen Brunnen, an dem ich meinen fast aufgebrauchten Wasservorrat für die bevorstehende Anstrengung wieder voll auftanken konnte. Dann ging es los. Ich merkte schon in den ersten Haarnadelkurven, dass die Beine inzwischen alles andere als frisch waren und ich mir die Kraft gut würde einteilen müssen, um die verbleibenden 900 Höhenmeter zur Passhöhe zu bewältigen. Mühsam waren die verschiedenen Baustellen auf dieser Seite vom Pass mit Ampelsteuerungen, bei denen ein Durchkommen in der Grünphase für mich unmöglich war und ich somit jeweils immer wieder im Baustellenbereich den Gegenverkehr kreuzen musste. Auch waren aus dem gleichen Grund viele Lastwagen auf der Passstrasse unterwegs.
Meter für Meter ging es aufwärts. Deutlich spürbar war inzwischen auch eine Wetterverschlechterung. Während das Wetter im Engadin über weite Strecken zwar kühl und windig, aber dank der Sonne trotzdem angenehm war, brauten sich über den Flüelapass dichte Wolken zusammen und die Gipfel waren im Nebel. Offenbar sah es in Davos und im Norden also schon ganz anders aus als noch bei meiner Abfahrt. Mit steigender Höhe wurde es auch immer kühler. Als ich dann endlich auf der Passhöhe ankam, war die Temperatur bereits schon unangenehm unterkühlt. Umsomehr verblüffte mich der Anblick einer jungen Frau, die sich am See auf der Passhöhe auszog und tatsächlich bis zum Hals ins Wasser stieg, während ich für die bevorstehende Abfahrt im Windschatten vom Hospiz gerade eiligst alles anzog, was ich noch im Rucksack hatte.
Die Abfahrt vom Flüelapass fand ich auf dieser Seite schöner und aussichtsreicher als diejenige nach Susch hinunter. In vielen Kurven schlängelte sich die Strasse durchs weite Tal in Richtung Davos hinunter. Ich konnte das Bergpanorama allerdings nicht so sehr geniessen, wie es angebracht gewesen wäre: ich stand nämlich unter einem gewissen Zeitdruck. Gemäss meinen Berechnungen würde ich bei voller Fahrt gerade noch den Bus vom Davos Platz nach Hause erwischen, und so brauste die Landschaft bis zum Ortseingang von Davos nur so an mir vorbei. In Davos Dorf legte ich dann nochmals einen Endspurt im Feierabendverkehr auf der einspurigen (in diese Richtung nur für Busse und Fahrräder befahrbaren) Talstrasse hin und erreichte meinen Bus 3 Minuten vor Abfahrt – gerade noch genug Zeit, um die komplexe Interaktion mit der SBB-App mit klammen Fingern auf dem Handy zu bewältigen und ein Biketicket zu kaufen.
Ich empfand es zwar als Schönheitsfehler, die Runde von Davos nach Hause nicht vollständig mit dem Bike zurücklegen zu können. Zwischen Davos und dem Landwassertunnel bestehen aber einerseits momentan einige Strassenbaustellen mit Ampeln und Wartezeiten. Zudem – und für mich am nachteiligsten – ist die alte Zügenstrasse als Umfahrungsmöglichkeit vom Landwassertunnel wegen fortgesetzten Naturgefahren seit dem letzten Winter gesperrt und inzwischen auch so verbarrikadiert worden, dass man sich nicht mehr um die Absperrungen herum mogeln kann. Mir persönlich ist die Fahrt mit dem Bike im Landwassertunnel selber einfach zu gefährlich. Vielleicht wird die alte Zügenstrasse eines Tages aber wieder freigegeben, damit ich auch diese letzten paar Kilometer noch auf zwei Rädern vervollständigen kann.