Durchs Verzascatal nach Cabioi

Ausgangspunkt
Contra bei Locarno.
Tourdaten
- Weglänge: 65.8 km
- Höhendifferenz: ↑↓ 1240 Hm
Routenbeschreibung
Am Verzascatal sind wir vor kurzem bereits auf dem Weg von Sementina nach Ascona vorbeigekommen. Wir hatten uns damals auf einen Besuch der eindrücklichen Staumauer des Lago di Vogorno am Taleingang beschränkt und zudem hatten wir die aus guten Gründen vorgeschriebene Radbeleuchtung für die zahlreichen Tunnels auf der Strasse von Gordola ins Verzascatal nicht dabei.
Heute wollten wir uns die Zeit nehmen, das Verzascatal bis zuhinterst zum Ende der befahrbaren Strecke zu erkunden. Genauer gesagt, wollten wir der Verzasca bis ins Val Vegorness folgen.
Der Ausgangspunkt für unsere Touren war bei diesem Aufenthalt nicht mehr Sementina, sondern Contra di Sotto an den Waldhängen oberhalb von Locarno. Contra ist wie Sementina ruhig gelegen, das Verzascatal und auch das Maggiatal sind von hier aus aber schneller zu erreichen.
Von Contra über die Staumauer ins Verzascatal
Beim letzten Mal hatten wir gesehen, wie einfach man auch mit Bikes im Schlepptau auf dem Wanderweg vom westlichen Rand der Staumauer zur Strasse von Contra nach Mergoscia gelangen kann. Somit war klar, dass dies für uns auch heute der kürzeste Weg sein würde, um die Hauptstrasse ins Verzascatal auf der anderen Seite der Staumauer direkt von Contra aus und ohne den Umweg über Gordola zu erreichen.
Wir kurbelten also zunächst in Richtung Mergoscia los, bis wir bei der Einmündung vom erwähnten Wanderweg am Strassenrand ankamen. Dann hiess es wieder: Bikes schultern oder schieben und über Stufen ins Dickicht vom Bergwald absteigen. Bald schon konnten wir die nahende Staumauer durchs Gebüsch erkennen und standen etwas später schon auf der Mauerkrone. Wir überquerten sie zum Parkplatz auf der anderen Seite, wo das Abenteuer begann. Wir schalteten unsere diesmal mitgebrachten Lichter ein und fuhren in den ersten Strassentunnel hinein.
Vogorno
Die folgende Etappe unserer Tour führte dem Ostufer des Lago di Vogorno entlang über Brücken und durch Tunnels nach Vogorno. Hier hatten wir erstmals Gelegenheit, die Hauptstrasse zu verlassen und zwischen den eng verschachtelten, am steilen Berghang wie angeklebten Steinhäusern durchs Dorf zu fahren. Diese werden praktisch nur noch als Ferienhäuser genutzt und sind über allerlei Treppenwege zu erreichen. Gut zu Fuss muss man also schon (noch) sein, wenn man hier Urlaub machen will.
Lavertezzo und Sambugaro
Zurück auf der Strasse ging es an San Bartolomeo und am Ponte di Corippo vorbei weiter ins Verzascatal hinein. Hoch oben am Gegenhang war das kleine Bergdorf Corippo zu erkennen, zu dem von Ponte di Corippo eine Zufahrtsstrasse abzweigt. Wir aber folgten weiterhin der Verzasca und kamen bald darauf in Lavertezzo an. Bei diesem beliebten Ausflugsziel hört das Verzascatal dem Anschein nach für viele Besucher wohl auf. Der Autoverkehr hinter Lavertezzo nahm jedenfalls merklich ab, der Belegungsgrad der Parkplätze weiter hinten im Tal ebenso.
Lavertezzo ist aus der Tourismuswerbung vor allem wegen den eindrücklichen, abgerundeten Felsblöcken und -formationen bekannt, durch die sich die Verzasca in einer malerisch blau-grünen Farbe schlängelt. Zudem spannt sich in unmittelbarer Nähe eine Steinbrücke, die Ponte dei Salti, über den Fluss. Im Sommer tummeln sich hier viele Badende im Wasser zwischen den Felsen oder springen von der Brücke. Jetzt im Herbst waren vor allem Wanderer zu sehen, die auf den Felsen herumspazierten und auf der Brücke Selfies machten.
Wir hielten uns nicht lange am Fluss auf, sondern machten noch einen Abstecher nach Sambugaro, einem kleinen Weiler oberhalb von Lavertezzo. Hier gab es offenbar zwischen den Ferienhäusern tatsächlich noch einzelne Einheimische, die gerade Brennholz mit Schubkarren vom Strassenrand über die Fusswege zu ihren Häusern beförderten. Einmal mehr faszinierte mich, dass auch hier die tägliche Postzustellung trotz abgelegener Lage gewährleistet ist.
Brione
Hinter Lavertezzo fuhren wir durchs enge Tal weiter nach Brione. Nach Chiosetto überquerten wir die Verzasca auf einer Brücke. Vor einer „Pop-Up-Gelateria” auf einem Parkplatz mitten im Nirgendwo erblickten wir eine grössere Warteschlange von Wanderern und Kindern. Etwas später weitete sich das Tal zu einem breiten Flussdelta und wir kamen in Brione an. Dies schien der erste grössere Ort mit Infrastruktur, Dorfladen usw. im Tal zu sein. Auch zweigte hier das Seitental Val d’Osola mit dem gleichnamigen Fluss nach Westen ab. Wir fuhren aber durch Brione hindurch weiterhin nach Norden, der Verzasca folgend.
Nach Sonogno und Cabioi
Über Gerra und Frasco erreichten wir Sonogno. Hier zweigte ein weiteres Seitental ab, das Val Redorta. Bei der Einmündung des Flusses Redorta in die Verzasca standen wir dann vor der Herausforderung, den zwar nicht reissenden, aber auch nicht gerade plätschernden Flusslauf zu überqueren. Der Biketrail führte nämlich an dieser Stelle auf grossen, vom Wasser überströmten Steinplatten über den Fluss. Mit einigem Hin und Her schafften wir es, ohne Ausrutscher und nasse Füsse auf der anderen Seite anzukommen. Wie dies bei feuchterem Wetter als heute gelingen sollte, bleibt für mich ein Rätsel.
Kurz darauf erreichten wir mit Sonogno dann die zweite grössere Ortschaft im Tal, wiederum auf einer ziemlich breiten Ebene inmitten der umgebenden Berge gelegen. Bei einem grossen Parkplatz am Ortseingang endete hier die für Autos befahrbare Strasse ins Verzascatal. Auffallend war der schöne, grosse und von Steinhäusern umgebene Dorfplatz. Durch eine Seitengasse erreichten wir nun einen asphaltierte Alpweg, der vom Dorf noch weiter ins Tal hineinführte. Gasnz allein fuhren wir nun durch eine zunehmend wildromantische und nebelverhangene Landschaft dem Flusslauf entlang, bis bei den Ferienhütten von Corbioi auch für uns mit unseren Bikes Endstation war. Auch hier war der Talgrund aber noch lange nicht erreicht; Berg- und Wanderwege führten von Corbioi noch weiter zu SAC-HÜtten und auf die Gipfel, die den Abschluss des Tals bildeten und aus deren Hängen die Verzasca entsprang.
Wir gingen noch einige Schritte bis zu einer Brücke und zum Anfang der Wanderwege, machten einige Fotos und kehrten dann zu unseren Bikes zurück, um uns für die lange Abfahrt zurück in die Zivilisation vorzubereiten.
Rückfahrt nach Locarno
Der Rückweg von Corbioi durchs Tal hinaus nach Locarno war ein reiner Genuss, da es mehrheitlich nur bergab ging. Wir fuhren grösstenteils auf dem Hinweg zurück, wobei wir bei Sonogno auf den erneuten Balanceakt über den Fluss verzichteten und stattdessen auf der Strasse nach Frasco blieben. Von Frasco nach Brione wählten wir hingegen nicht die Strasse wie bei der Hinfahrt, sondern fuhren stattdessen ein längeres Stück auf dem Alte Verzasca-Biketrail – eine sehr abwechslungsreiche und nicht schwierige Variante. Nach Brione gab es dann keine Chance mehr, der Strasse zu entkommen. Da der Tag aber bereits fortgeschritten und nur noch wenig Verkehr unterwegs war, spielte dies aber auch keine grosse Rolle mehr.
Die meiste Aktivität war aber wiederum bei Lavertezzo zu verzeichnen. Hier warteten Heerscharen von Wanderern auf das Postauto nach Locarno. Es herrschte derartiger Andrang, dass mehrere Busse im Konvoi im Einsatz waren. Dieser letzte Abschnitt mit mehr Verkehr und den Tunnels war dann etwas stressig. Bei der Staumauer verzichteten wir auf die Tragestrecke zur Strasse nach Contra und fuhren stattdessen weiter nach Gordola ab, wofür wir im Anschluss mit einem erneuten 200 Höhenmeter-Aufstieg von Gordola nach Contra „büssen” mussten.
Trotz des wolkenverhangenen Wetters, der uns den Blick auf die meisten Gipfel verwehrte, war dies ein sehr spannender Tag für uns. Es ist für uns jetzt auch klar, weshalb das Verzascatal zu den absoluten touristischen Highlights im Tessin zählt.
Fotos







































































